Diese Rundverfügung beschreibt die umsatzsteuerliche Behandlung von Umsätzen im Rahmen von Veranstaltungen an öffentlichen Schulen und Kindertageseinrichtungen unter Berücksichtigung der Anwendung des § 2b UStG.
1. Allgemeine Problematik
In Schulen und Kindertageseinrichtungen werden anlässlich von Veranstaltungen (z. B. Schulfest, Sommerfest, Weihnachtsmarkt) durch Eltern- bzw. Schülergruppen oder auch Fördervereine Umsätze erzielt. Diese betreffen beispielsweise den Verkauf von Speisen und Getränken wie Kaffee und Kuchen oder die Durchführung einer Tombola.
2. Umsatzsteuerliche Beurteilung
Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Beurteilung dieser Umsätze sind im Wesentlichen zwei Aspekte zu klären:
a) Zurechnung der Umsätze
Zunächst ist zu klären, wem die Umsätze zuzurechnen sind. Dies richtet sich regelmäßig danach, wer dem Leistungsempfänger gegenüber als Schuldner der Leistung auftritt. Hierbei können deutliche bzw. offensichtliche Anhaltspunkte – wie das Ankündigen auf Aushängen, Plakaten und Handzetteln oder mittels elektronischer Medien – eine Rolle spielen. Diese Frage ist unter Berücksichtigung der Gegebenheiten im jeweiligen Einzelfall zu beantworten. Somit können die Umsätze z. B. der Schule bzw. Kindertageseinrichtung, genauer dem jeweiligen Träger, einer Gruppe aus Eltern bzw. aus Schülerinnen und Schülern oder aber einem Förderverein zuzurechnen sein. Der Umstand, dass die Umsätze in der Schule/Kindertageseinrichtung stattfinden bzw. diese die Veranstaltung erlauben, führt nicht dazu, dass die Umsätze der Schule/Kindertageseinrichtung zuzurechnen sind.
b) Nachhaltigkeit der Tätigkeit
Zudem ist darüber zu entscheiden, ob es sich bei den betreffenden Umsätzen um eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen handelt und damit die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG erfüllt sind.
Ob die o.g. Umsätze eine nachhaltige unternehmerische Tätigkeit begründen, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall. Die für und gegen die Nachhaltigkeit sprechenden Merkmale müssen gegeneinander abgewogen werden. Als Kriterien für die Nachhaltigkeit einer Tätigkeit kommen insbesondere in Betracht:
• mehrjährige Tätigkeit;
• planmäßiges Handeln;
• auf Wiederholung angelegte Tätigkeit;
• die Ausführung mehr als nur eines Umsatzes;
• die Vornahme mehrerer gleichartiger Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit oder desselben dauernden Verhältnisses;
• Intensität des Tätigwerdens;
• Beteiligung am Markt (werden die Leistungen nur einem eng umgrenzten Personenkreis oder der Allgemeinheit angeboten);
• Auftreten wie ein Händler;
• Unterhalten eines Geschäftslokals;
• Auftreten nach außen, z. B. gegenüber Behörden.
3. Beurteilung einzelner Sacherhalte
a) Umsätze der Schule/Kita bzw. der Eltern- oder Schülervertretung
Erfolgt z. B. der Verkauf von Speisen und Getränken auf einem Sommerfest durch die Schule bzw. durch die Eltern- oder Schülervertretung, sind die Umsätze dem Schulträger zuzurechnen und von diesem ggf. zu versteuern. Denn Elternbeirat und Schülervertretung sind formal Teil der Schule und damit der öffentlichen Hand.
Nach dem bislang geltenden Recht sind juristische Personen des öffentlichen Rechts nur dann unternehmerisch tätig, wenn sie mit der jeweiligen Tätigkeit einen sogenannten Betrieb gewerblicher Art begründen (§ 4 KStG i. V. m. § 2 Abs. 3 UStG a.F.). Dies ist in den hier einschlägigen Fällen grundsätzlich nicht der Fall, weil u. a. kein Jahresumsatz von mehr als 45.000 € erzielt wird.
Spätestens ab dem 1.1.2025 richtet sich die Frage, ob der öffentliche Schul- bzw. Kitaträger die Umsätze zu versteuern hat, nach § 2 Abs. 1 i. V. m. § 2b UStG. Da die einschlägigen Umsätze auf privatrechtlicher Grundlage erbracht werden, wären diese bei Vorliegen aller Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG steuerbar. Insofern kommt es hier entscheidend auf die Prüfung der Nachhaltigkeit an.
Nach den unter Ziffer 2 Buchst. b) genannten Kriterien stellen die unter Ziffer 1 beschriebenen Tätigkeiten grundsätzlich keine umsatzsteuerlich relevanten Tätigkeiten dar, da regelmäßig für sich genommen keine Nachhaltigkeit vorliegt.
Beispiel 1:
Der Elternbeirat einer Kindertageseinrichtung veranstaltet ein Sommerfest sowie eine St.-Martin-Feier. Auf beiden Festen werden Getränke und Kuchen verkauft. Zielgruppe sind die Kinder, deren Eltern und Großeltern. Der Elternbeirat wird nicht nachhaltig tätig. Insbesondere liegt keine Beteiligung am Markt vor.
Beispiel 2:
Der Elternbeirat einer Kindertageseinrichtung bietet „Nikolaus-Besuche“ an. Das Angebot richtet sich lediglich an die Eltern der Kinder der Kindertageseinrichtung. Der Elternbeirat wird nicht nachhaltig tätig. Insbesondere liegt keine Beteiligung am Markt vor.
Beispiel 3:
Der Elternbeirat einer Kindertageseinrichtung bietet „Nikolaus-Besuche“ an. Hierfür schaltet er eine Werbeanzeige im Gemeindeblatt. Das Angebot richtet sich an die breite Öffentlichkeit. Der Elternbeirat tritt am Markt auf und wird somit nachhaltig tätig.
Beispiel 4:
Der Elternbeirat einer Schule betreibt alljährlich einen Glühweinstand auf dem gemeindlichen Weihnachtsmarkt. Der Elternbeirat tritt am Markt auf und wird somit nachhaltig tätig.
Beispiel 5:
Zu Weihnachten möchte der Elternbeirat im Namen der Kindertageseinrichtung eine Sachspende für wohltätige Zwecke tätigen. Hierfür sammelt er Gelder von den Eltern der Kinder ein. Die eingesammelten Gelder stellen bereits mangels Leistungsaustausch keinen Umsatz dar und unterliegen nicht der Umsatzsteuer.
Beispiel 6:
In einer größeren Stadt existieren zehn städtische Kindertageseinrichtungen. Jede dieser Kindertageseinrichtungen veranstaltet ein internes Sommerfest, an dem Umsätze aus dem Verkauf von Kaffee und Kuchen sowie der Durchführung einer Tombola erzielt werden.
Die Elternbeiräte werden jeweils nicht nachhaltig tätig. Insbesondere liegt keine Beteiligung am Markt vor. Unerheblich ist, dass die jeweiligen Kindertageseinrichtungen einem einheitlichen Träger angehören.
Sofern die Umsätze aufgrund eines nachhaltigen Tätigwerdens der Umsatzsteuer unterliegen, kann die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG nur dann in Anspruch genommen wer-den, wenn der Gesamtumsatz des jeweiligen Trägers die Umsatzgrenzen des § 19 UStG nicht überschreitet. Soweit Umsätze dem Land Rheinland-Pfalz als juristische Person des öffentlichen Rechts zuzurechnen sein sollten, ist die Kleinunternehmerreglung nicht anwendbar (beachte hierzu auch § 18 Abs. 4f Satz 6 UStG).
b) Umsätze eines Fördervereins
Fördervereine sind eigenständige Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes. Tritt da-her ein Förderverein als Leistender auf, sind diesem die Umsätze zuzurechnen und von die-sem ggf. zu versteuern. Hierbei kann allerdings die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG zur Anwendung kommen, nach der die Umsatzsteuer nicht erhoben wird.
c) Umsätze einer sonstige Personengruppe
Die Umsätze können auch einer Personengruppe (beispielsweise einer Gruppe von Eltern o-der einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern) zuzurechnen sein. Dies gilt allerdings nur, wenn diese Personengruppe gegenüber der Schule eigenständig tätig ist. Sollte aufgrund der Art der Tätigkeit das Merkmal der Nachhaltigkeit und damit die Unternehmereigenschaft zu bejahen sein, kann bei der Personengruppe ebenfalls die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG zur Anwendung kommen.
4. Anwendung
Die Grundsätze dieser Verfügung sind in allen offenen Fällen anzuwenden.